jahnna jahnna Zahl 1, Tusche Geschichte – Was die Liebe ist

Ein Mann und eine Frau trafen sich in einem Garten. Er sagte: «Eigentlich geht es mir gut. Ich habe eine Wohnung, eine Arbeit, Freunde, Kleidung und genügend zu essen. Und doch fühle ich mich wie ein Roboter. Mein Leben ist voller Müssen und Sollen. Auch wenn ich einmal Zeit für mich habe, gibt es immer irgendetwas zu tun. Und wenn ich einmal nichts tue, merke ich, dass ich erschöpft bin.» Die Frau sagte: «Eigentlich geht es mir gut. Doch ich spüre eine Sehnsucht in mir. Ich vermisse etwas, doch ich weiß nicht, was.»

Eine Yogalehrerin kam in die Stadt. Die beiden besuchten ihr Seminar. Die Yogalehrerin war wunderschön. Sie wirkte frei und erfüllt. Am Ende des Seminars sprachen die beiden mit ihr. Sie fragten: «Was ist der Unterschied zwischen unseren Leben und deinem?» Die Yogalehrerin lächelte, schaute von einem zur anderen und sagte: «Ich lebe in Liebe.»

Die beiden kehrten zurück in ihren Alltag, verbrachten viel Zeit miteinander und wurden ein Paar. Sie erlebten glückliche Momente. Dazwischen lagen weiterhin auch andere Momente.

Nach einem Jahr kam die Yogalehrerin erneut in die Stadt. Die beiden besuchten ihr Seminar und sprachen am Ende mit ihr. Sie fragten: «Was ist die Liebe?» Die Yogalehrerin lächelte und breitete ihre Arme weit aus: «Alles ist die Liebe! Dieser wunderschöner Ort hier, das Zwitschern der Vögel, der Wind in den Haaren, die Arbeit, mit der ich meinen Lebensunterhalt verdiene.»

Die beiden kehrten zurück in ihre eigene Welt und widmeten sich ihren äußeren Umständen. Er fand eine Arbeit mit einem höheren Stundenlohn, sodass er sich bei gleichem Monatslohn mehr Zeit für sich selbst nehmen konnte. Sie zogen zusammen in eine helle und ruhige Wohnung, die sie behaglich einrichtete. Sie widmeten sich ihren Körpern und erkannten, dass der Körper in seinen feinen Ausdrücken und auch in seinen Symptomen sagt, was ihm wohl tut und was nicht. Sie machten jeden Morgen vor der Arbeit Yoga und fanden, jeder für sich, eine Ernährung, die sie stärkte. Die glücklichen Momente nahmen zu. Dazwischen lagen weiterhin auch andere Momente.

Nach einem Jahr kam die Yogalehrerin erneut in die Stadt und die beiden besuchten ihr Seminar. Am Ende sprachen sie mit ihr. Sie sagten: «Die Liebe kommt und geht. Wir können sie weder halten noch begreifen. Was ist die Liebe?» Die Yogalehrerin lächelte und sagte: «Die Liebe tragt ihr im Herzen.»

Die beiden gingen zurück in ihr eigenes Leben und widmeten sich ihrem Herzen. Sie stellten fest, dass ihr Denken so voller Gedanken war, dass sie ihr Gefühl kaum fühlen konnten. Sie hörten auf, ihr Denken mit Unterhaltung zu füllen, wählten aus, mit wem sie sich trafen, mit wem sie sprachen, lösten alte Muster und Gewohnheiten, klärten alte Beziehungen, auch die Beziehung zu sich selbst, weinten viele Tränen und befreiten so nach und nach ihr Fühlen. Ihr Fühlen wurde fein und lebendig. Sie erkannten, dass jedes Grundgefühl eine innere Weisung ist. Ihr Denken wurde stiller und enthielt nun mehr Intuition. Je mehr sie ihrem Herzen und ihrer Intuition folgten, desto klarer und wundersamer wurde ihr Leben. Die glücklichen Momente nahmen zu. Dazwischen lagen weiterhin auch andere Momente.

Nach einem Jahr kam die Yogalehrerin erneut in die Stadt. Die beiden besuchten ihr Seminar und sprachen am Ende mit ihr. Sie sagten: «Wir wissen jetzt, wo die Liebe zu finden ist, doch noch immer nicht, was die Liebe ist.» Die Yogalehrerin lächelte und sagte: «Die Liebe ist das offene Herz. Sie ist das, was ihr fühlt, spürt, empfindet, erkennt, erlebt, sagt und tut, wenn euer Herz offen ist.»

Die beiden widmeten sich dem Spüren. Sie fühlten in jedem Augenblick ihr eigenes Gefühl und spürten die Gefühle ihrer Nächsten. Sie spürten, ob sie im Kopf waren, im Körper oder im Herzen und spürten dieses auch bei den Menschen in ihrer Nähe. Sie spürten, ob ihr Herz verschlossen war oder wie weit es geöffnet war und spürten dieses auch bei ihren Mitmenschen. Sie spürten noch vieles mehr und erlebten sich als Körperwesen in der dreidimensionalen Welt und zugleich als Seelengeist in der inneren Welt, eine Welt, die ebenso real und belebt ist, wie die äußere Welt auch. Je weiter ihr Erleben wurde, desto mehr erlebten sie das Selbst in sich, die eine Lebendigkeit, die alles Leben belebt. Sie erkannten, dass der Mensch in der Lage ist, sich von sich selbst abzulenken. Schließlich begriffen sie, dass sich ihr Herz um so mehr weitete, je mehr sie sie selbst waren und aus sich selbst heraus lebten und dass dieses für jeden Menschen etwas höchst Individuelles ist.

Der Mann wurde erfolgreich in seinem Beruf und erlangte Freiheit in seiner Arbeit. Er wurde weithin anerkannt, nicht nur wegen seines Wissens und Könnens, sondern auch wegen seines Wesens, seiner Gabe, in allem Wege zu finden, und seines inneren Halts. Die Schönheit und Ausstrahlung der Frau hatte inzwischen so weit zugenommen, dass die Menschen von weit her zu ihr kamen, um in ihrer Nähe zu sein und um mit ihr zu sprechen.

Die Yogalehrerin kam erneut in die Stadt. Die beiden besuchten ihr Seminar. Am Ende standen die drei beisammen. Sie lachten und tauschten Worte. Drei strahlende Menschen, jeder, auf seine Weise, mit dem Leben eins.

Aufgenommen am 27.7.2019 um 7:01 Uhr