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Das Leben.

Unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2005. Dies sind die Abenteuer des ...

... Moment. Das ist ein anderer Film.

(*grins*)





Das Leben.

Großartig, unbeschreiblich und zuweilen auch erschreckend. Voller Freude und Leiden, Leere und Erfüllung. Voller Wunder und Arbeit zugleich.

?  Was würden Sie antworten, wenn ein vertrautes Kind Sie fragt: "Was ist das: Leben?"


Vielleicht würden Sie sagen: "Nun, wir werden geboren und eines Tages sterben wir. Das dazwischen ist unser Leben."


Das Kind trägt einen braun-weiß gefleckten Stoffhund im Arm und streicht ihm fürsorglich über den Kopf.


Vielleicht würden Sie weiter ausführen: "Es gibt Lebewesen, wie du und ich, die Tiere und die Pflanzen. Und es gibt tote Dinge, wie z. B. ein Stein oder ein leerer Joghurt-Becher. Das Leben ist ein Zustand und eine Zeitspanne."



Das Kind schaut zu Boden. Denkt es nach? Vermutlich hätten wir etwas mehr Begeisterung erwartet für unsere klaren Ausführungen.

"Schau!", sagen wir aufmunternd, "Du bist ein Lebewesen, denn du isst und wächst. Im Essen ist Energie, die wandeln wir um und speichern sie. Damit bewegen wir uns, reden, denken, wachsen, spielen Fußball und tun vieles mehr. Ein Stein oder Joghurtbecher isst nichts und wächst auch nicht."

Nun huscht ein Lächeln über das Gesicht des Kindes.

"Dann ist ein Auto auch ein Lebewesen!?", fragt es mit unschuldigem Gesichtsausdruck. "Es tankt ja Benzin und damit fährt es und hupt."

"Nein," lächeln wir erwachsen zurück, "ein Auto braucht zwar Benzin zum Fahren, aber es stirbt nicht, wenn es keines bekommt. Es wächst auch nicht und macht außerdem nichts von selbst. Ich bin es, der das Auto betankt und auch fährt."

Das Kind hebt einen Finger: "Babies und Autos haben eines gemeinsam: Sie müssen gefüttert werden."

Wir atmen tief ein. "Ein Auto ist kein Baby! Es tut selber nichts, kann nicht denken und hat auch keine Gefühle. Es hat keine Seele und keinen Geist!"

Das Kind schaut erschrocken. Das mit dem Geist hätten wir wohl nicht sagen sollen. Es presst die Lippen zusammen. Wir beugen uns hinab. Es sagt leise, als wolle es uns in ein Geheimnis einweihen: "Das Auto vom Papa vom Kai hat einen Geist! Es ist eine Frau. Die sagt, wo er langfahren soll."

Jetzt lachen wir. "Das ist kein Geist, es ist ein Computerprogramm! Die Stimme ist einprogrammiert. Sie sagt immer dieselben Sätze, nur mit anderen Orten und Namen. Das Progamm kann sich selber nicht aussuchen, was es als nächstes tun soll."

"Dann bist du auch ein Programm, wenn du arbeiten gehst, oder!?" Das Kind guckt unschuldig.

Wir seufzen und schauen umher.



Neben uns unterhält sich unsere Nachbarin über die freie Schule, die schon im Herbst ihren Betrieb aufnehmen will. Das blumige Frühlingkleid steht ihr gut. Ingrid und Klaus stehen immer noch mit den Schneiders zusammen und reden über das Heiraten. Alle anderen Kinder haben ihren Spaß, holen mit den Trinkbechern Steine vom Kieshaufen und stapeln sie in einem offensichtlich zu diesem Zweck vergrößerten Rasenloch.


Das Kind neben uns blickt uns aufmerksamkeitsheischend an. Wir lächeln milde. "Also ich gehe gerne zur Arbeit. Es ist mein Beruf! Ich habe ihn mir schließlich ausgesucht. Und einer muss ja in der Familie das Geld verdienen." Wir blinzeln das Kind an. "Ich könnte es aber auch sein lassen. Ich bin lebendig und das Auto nicht."

Vielleicht schweigen wir nun eine Weile, mit dem Kind zusammen.


Das Kind schaut auf, seine Augen leuchten. "Hast du mehr Lebendigkeit, weil du größer bist!?"

Wir drücken unsere vorderen Lippen zusammen und schütteln den Kopf: "Nein. Alle Lebewesen sind gleich lebendig. Ob groß oder klein. Entweder man ist lebendig oder nicht."

"Aber du sagst doch oft ..." hakt das Kind nach, "... dass du Tante Jana so gerne magst, weil sie so lebendig ist!"

Vielleicht schauen wir uns nun um, ob auch keiner der Anwesenden diese letzte Äußerung mitangehört hat. Zu dem Kind sagen wir leise: "Tante Jana ist eben eine Frohnatur."


Wir sehen einen Bekannten mit einem Teller in der Hand vorbeilaufen und legen die Hand auf den Kopf des Kindes. "Komm, wir gehen zum Buffet!"

Das Kind nimmt unsere Hand. Wir gehen über den Rasen. Es drückt unsere Hand fester. "Ich will immer ganz viel Lebendigkeit in mir haben!", sagt es bestimmt.

Jetzt zieht es uns nach links zum Tisch mit den Nachspeisen. "Krieg ich ein Stück?", fragt es und zeigt mit strahlenden Augen auf den Marmorkuchen. Wir wollen nicken, doch da ist die Mutter schon bei ihm.


Verträumt schauen wir über das Gartenfest. Wir betachten die Reihe der parkenden Autos. "Sie können keine Kinder bekommen!", hören wir unsere charakterlose Stimme im Kopf sagen.

Ein Ball trifft uns an der rechten Hand. Ein Junge greift den Ball und verschwindet, ohne uns eines Blickes zu würdigen. Wir blinzeln und wenden uns auch dem Kuchen zu. Der Apfelkuchen riecht gut. Wir greifen zum Tortenschieber.

"Die Steinmeyers können auch keine Kinder bekommen.", denken wir. "Möchtest du etwas Sahne?", fragt eine vertraute Stimme neben uns.




  Teil 1
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