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Wir fühlen und haben Gefühle (1.7.5 - 1.7.12).

In unserem Sprachgebrauch verwenden wir "fühlen" auch für andere Bereiche unseres Erlebens und vor allem oft für das Tasten:


Beispiele   

1  Bei der Stoffprobe: "Das fühlt sich gut an!"

2  "Ich fühl' mich ganz krank."

3  "Ich fühle mich stark."

4  sich heimisch fühlen

5  jemandem den Puls fühlen


Unser Fühlen ist ein eigener Bereich unseres inneren Erlebens und kein körperlicher Tasteindruck (1.4). Wir empfinden unser Gefühl. Ebenso verwenden wir "empfinden" auch bei körperlichen Eindrücken.


Je mehr wir uns unserem Gefühl zuwenden, desto mehr bemerken wir, wie fein und differenziert unsere inneren Färbungen sind.

Unser Gefühl der Freude, z. B., ist nicht immer gleich. Wir erleben mal klare Freude, mal getrübte, mal strahlende und mal stille. Je klarer unsere Freude wird, desto mehr ist unser Empfinden eine Mischung aus Freude und Glück. Bei gedämpfter Freude ist unsere Stimmung nicht so klar und hoch.


Auch unsere Wut ist nicht stets dieselbe.

entschlossen, wütend, zornig
Abb. 1-17   Mimik bei Wut in verschiedenen Stimmungen


Wenn wir zornig oder genervt sind, empfinden wir Wut und unsere Stimmung ist tief.

Mitunter empfinden wir Wut auch in konstruktiver Stimmung.


Beispiel 2  Das Holz dampft beim Bohren und das Loch wird kaum tiefer. Wütend werfen wir den alten Bohrer in den Eimer. Unsere Laune ist miserabel. Wir kramen in den Regalen und finden einen Bohrer, der schärfer ist. Entschlossen spannen wir ihn ein. Diesmal wird es klappen.


Entschlossenheit ist ein Empfinden von Wut und dennoch für uns konstruktiv. Auch wenn wir grimmig lächeln, sind wir wütend in positiver Stimmung.


Unsere Traurigkeit hat ebenso viele Facetten.

Abb. 1-18   Mimik bei Traurigkeit in verschiedenen Stimmungen


Trauer, z. B., ist Traurigkeit gemischt mit Leiden. Wir haben einen Verlusst erfahren und erleben nun eine Leere oder uns selber als verloren. Auch bei Schwermut, Depression, Selbstmitleid und Kummer empfinden wir Traurigkeit und Leiden gemischt.


Beispiel 3  Das Kind hat das Pony auf der naheliegenden Weide besucht. Nun steht es schluchzend vor der Tür und sagt: "Ich muss immer so weinen, wenn ich von Franzi weggehen muss."


Bei Melancholie sind wir traurig, doch unsere Stimmung ist mittel bis leicht erhöht. Unzähle Musikgruppen verbreiten Melancholie und erzielen damit hohe Verkaufszahlen, denn viele halten sich gerne in Melancholie auf.

Mitunter sind wir auch traurig und dabei erhobenen Haupts und klar im Ausdruck. Wir hören die Botschaft, Tränen füllen unsere Augen, laufen uns über die Wangen, doch unsere Stimmung fällt nicht.


Beispiele 4   

1  So vieles ist geschehen in letzter Zeit. Wir haben unsere Lieblings-CD aufgelegt und tanzen im Zimmer zur Musik. Im Geist erleben wir die zurückliegenden Geschehnisse; unser Körper wiegt sich im Takt. Tränen laufen unsere Wangen herab. Wir sind glücklich, hier zu sein, wir selber zu sein.

2  Wir haben die neue Fotokamera in der Hand. Unser Lebenspartner schaut zu und uns fällt ein, dass wir schon seit Jahren kein gemeinsames Foto mit unseren Kindern gemacht haben. Wir denken an unsere Eltern, ihre Zuneigung für uns und dass wir ihnen bisher wenig zurückgegeben haben. Wir sind traurig und glücklich zugleich, als wir unsere Familie zum Foto bitten.


Wir sagen "Tränen vor Glück", "... vor Rührung" und "... vor Dankbarkeit". Traurigkeit kann wie ein reinigender Strom sein.


Unsere Wut und Traurigkeit liegt oftmals dicht beeinander. Wir sagen mitunter, dass jemand sich nicht entscheiden kann, ob er oder sie nun wütend oder traurig sein soll. Auch bei Kindern wechselt Wut und Traurigkeit oftmals sehr schnell ineinander über.


Beispiele 5   

1  Wütend und mit Tränen in den Augen klagen wir unseren Lebenspartner an: "Wie konntest du mir das nur antun!??"

2  Wir haben alles darangesetzt, dass es zustande kommt. Nun haben wir doch noch eine Absage bekommen. Wütend und traurig zugleich werfen wir das Telefon auf die Ablage.



Wut und Traurigkeit sind Grundgefühle, die nicht auf eine erhöhte oder gesenkte Stimmung festgelegt sind.


Anmerkung  Viele von uns haben in der Erziehung vermittelt bekommen, dass Wut und Traurigkeit "negative Gefühle" sind. Mit einer solchen Haltung können wir Wut oder Traurigkeit schwerlich konstruktiv erleben.


Leiden ist stets eine bedrückte Stimmung, ein Stimmungstief. Auch im Leiden gibt es unterschiedliche Färbungen, je nachdem, wie tief unsere Stimmung ist und wie sehr sich unser Leiden mit Wut und / oder Traurigkeit mischt.

Auch Freude kann sich mit Leiden mischen. Dann ist unsere Freude schal oder flüchtig.


Wenn wir wahrhaft Angst haben, ist unsere Stimmung weder hoch noch tief. Es gibt keine Angst im Hochgefühl oder tief betrübt. Unsere Angst zeigt keine Stimmungsvariationen.

Wohl aber erleben wir Mischungen von Angst und anderen Grundgefühlen. Wer sich z. B. einen Thriller oder Gruselfilm ansieht oder im Computer in unterirdischen Gängen gegen Monster kämpft, empfindet Angst und hat dennoch Freude dabei.

Ebenso können wir Angst haben, wenn wir von Gleichaltrigen umringt sind, die sich aggressiv gebärden und gleichzeitig wütend sein.

Wenn wir nach Hause kommen und wieder keine Nachricht von unseren seit Tagen abwesenden Liebsten auf dem Anrufbeantworter vorfinden, sind wir möglicherweise traurig und ängstlich zugleich.


1.7.13   Mein Gefühl zeigt viele Färbungen.


Unser Gefühl ist nicht wie eine Ampel, die zwischen einigen wenigen Färbungen hin- und herwechselt. Unsere Gefühlspalette ist eher so reich wie die Anzahl unterschiedlicher Farben.


Beispiel 6  Morgens beim Frühstück sind wir froh, auf dem Fahrrad zur Arbeit im Regen leidlich, im Büro kurzzeitig wütend. Nachmittags sitzen wir ein wenig traurig mit Kollegen beim Kaffee.


Dazwischen liegen unzählbar viele weitere, differenzierte Gefühlstöne.



Es gibt Für und Wider diese Aussage.
Ich will zu dieser Aussage keine Stellung beziehen.
Nein, ich denke und fühle anders.
Ja, so ist es.
Diese Aussage hat für mich keine Bedeutung.

Eigenes Erleben



Anmerkung


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